Die Neubrandenburger Stadtwerke (neu.sw) investieren massiv in die Umgestaltung der Fernwärmeversorgung – langfristig weg von der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, hin zu einer nachhaltig „grünen“ Versorgung der Stadt mit Wärme.

Der Kurzzeitwärmespeicher von neu.sw ist zentrales Element der Wärmewende unseres Unternehmens. Foto: neu.sw


Der neu.sw Aufsichtsrat bestätigte bereits im Jahr 2017 weitreichende Planungen und Maßnahmen und gab somit den Weg für langfristige Investitionen in die Umgestaltung der Wärmeversorgung der Stadt frei.

Meilensteine der Umgestaltung der Fernwärmeversorgung der Neubrandenburger Stadtwerke sind:
  • die im Jahr 2018 erfolgte Modernisierung der Gasturbine 2 des GuD-HKW zur weiteren Flexibilisierung der Stromerzeugung und zur Optimierung der Wärmeerzeugung
  • der Bau eines Kurzzeitwärmespeichers als zentrales Element der Wärmewende zur Speicherung überschüssiger Wärme beispielsweise aus dem Gas- und Dampfturbinenheizkraftwerk (GuD-HKW) oder aus verschiedenen erneuerbaren Energiequellen (Solarthermie, Geothermie), der 2021 in Betrieb gegangen ist
  • die Errichtung einer Power to Heat-Anlage (PTH-Anlage) in 2022/2023 zur Erzeugung von Wärme, die überschüssige Stromerzeugung und grünen Strom aus erneuerbarer Energie (Wind) nutzt
  • der Umbau des vorhandenen Aquiferspeichers zu einer Geothermieanlage ab 2022
  • die Planung und Einbindung eigener Solarthermieanlagen in das Wärmenetz sowie die mögliche Einbindung alternativer Wärmeprojekte von Partnern wie beispielsweise der Wohnungswirtschaft

Die von der Bundesregierung forcierte Energiewende hat in einem ersten Schritt ihren Fokus auf die Stromversorgung aus erneuerbaren Energien gelegt. Windparks, Solaranlagen, Ökostrom, Elektrofahrzeuge – die meisten Bürgerinnen und Bürger kennen die Schlagworte, wenn es um die Reduzierung von Treibhausgasen und die Neuausrichtung der Stromversorgung geht. Weniger bekannt ist hingegen, dass auch im Bereich Wärmeversorgung ein Umdenken stattfinden muss, um die gesteckten Klimaziele zu erreichen. Immerhin kommen ca. 20 % der deutschen CO2-Emissionen aus dem Wärmesektor. Als lokaler Energieversorger mit eigenem Fernwärmenetz gestaltet neu.sw die Wärmewende aktiv mit.

Blick auf das Gelände mit dem Gas- und Dampfturbinen-Heizkraftwerk. Dank der neu.sw Wärmewende kann dessen Fahrweise weiter optimiert werden. Foto: neu.sw


Das Gas- und Dampfturbinenheizkraftwerk (GuD-HKW) der Neubrandenburger Stadtwerke produziert seit 1997 zuverlässig Strom und Wärme für die Versorgung der Stadt. Mit zunehmenden Anteilen volatiler erneuerbarer Energien am Strommarkt, sind auch die Anforderungen an Energieversorgungsunternehmen im Hinblick auf die daraus resultierenden Schwankungen bei der Stromerzeugung gestiegen. Um den Einsatz der im GuD-HKW vorhandenen Gasturbinen flexibler gestalten zu können (bedarfsgerechtere Produktion in Abhängigkeit von der Einspeisung regenerativer Energien) und weil die Gasturbine 2 kurz vor Ende ihres Lebenszyklus stand, hat neu.sw bereits Ende 2016 die Bestellung einer Gasturbine der neuesten Generation veranlasst. Die damit einhergehenden Umbauarbeiten am Heizkraftwerk und die Inbetriebnahme wurden 2018 abgeschlossen.

Zentrales Element der Umgestaltung der Fernwärmeversorgung war 2021 der Bau eines Kurzzeitwärmespeichers. Er kann den Wärmebedarf der Stadt Neubrandenburg im Sommer für ca. zwei Tage speichern. Zum Laden des Speichers eignet sich sowohl Wärme des GuD-HKW, als auch Wärme aus erneuerbaren Energien (Solarthermie, Geothermie). Diese Maßnahme wird durch das KWK-Gesetz gefördert. Zusätzlich wird die Anlage um eine Power-to-Heat-Anlage erweitert, welche dann überschüssigen grünen Strom in grüne Wärme umwandelt. Sie soll im Jahr 2023 in Betrieb gehen.

Die Modernisierung des Heizkraftwerkes und Errichtung des Kurzzeitwärmespeichers haben zum Ziel, die Fahrweise der Erzeugungsanlagen soweit zu optimieren, dass in den Sommermonaten keine überschüssige Wärme mehr produziert wird und somit die Wirtschaftlichkeit des Fernwärmesystems dauerhaft weiter steigt. Daher wird der Aquiferspeicher, der viele Jahre lang im Sommer überschüssige Wärme speicherte, ab 2022 zurückgebaut. Die bestehenden Bohrungen werden für die Errichtung einer Geothermieanlage genutzt. Das ca. 55°C warme Tiefenwasser wird dann über Wärmepumpen für das zentrale Fernwärmenetz nutzbar gemacht.

Weiterhin haben die Neubrandenburger Stadtwerke in den zurückliegenden Jahren Flächen in unmittelbarer Nähe des bestehenden Heizkraftwerkes erworben, welche mittelfristig als Standort für eine eigene Solarthermieanlage dienen sollen. Insbesondere im Sommer soll diese zur kraftwerksunabhängigen Versorgung mit Fernwärme beitragen. Der Kurzzeitwärmespeicher, das optimierte Teillastverhalten des Heizkraftwerkes und die Möglichkeit, weitere erneuerbare Energieprojekte – auch von regionalen Partnern wie der Wohnungswirtschaft – einbinden zu können, bilden dann den Kern einer grünen und nachhaltigen Versorgung der Stadt mit Wärme. Die Abhängigkeit vom fossilen Energieträger Erdgas wird dadurch schon mittelfristig verringert und die Preisstabilität für die Kunden gesichert.

Langfristig soll ganz auf den Einsatz fossiler Energieträger verzichtet werden. Die Nutzung grüner Gase wird dabei angestrebt. Sie wird aber durch verschiedene andere Technologien insbesondere in dezentralen Gebieten ergänzt werden müssen. Die Bestrebungen der Geschäftsführung, des Aufsichtsrates und der Gesellschafterin, die Wärmeversorgung der Stadt Neubrandenburg langfristig, nachhaltig, wirtschaftlich und verbraucherfreundlich sicherzustellen, haben dazu geführt, dass die Neubrandenburger Stadtwerke sich intensiv mit Perspektiven und Möglichkeiten der städtischen Wärmeversorgung (ca. 27.500 Haushalte) auseinandersetzen.

Die Wärmewende ist für neu.sw nicht nur ein fernes Ziel, sondern wird aktiv und schrittweise bereits heute schon umgesetzt.

Prinzipübersicht Wärmewende (KWK = Kraftwärmekopplung, GuD-HKW)

Kommunale Wärmeplanung


In die begonnene Wärme-Wende bei neu.sw, investieren wir mehr als 30 Millionen Euro. Darüber hinaus erarbeitet die Stadt Neubrandenburg eine sogenannte “kommunale Wärmeplanung”, gemeinsam mit neu.sw, den Wohnungsgesellschaften, Stadtvertretern und weiteren Beteiligten. Machbarkeitsstudien – z. B. zur Geothermie, Solarthermie, Großwärmepumpen und Wärmespeichern – sollen aufzeigen, wie die Anpassung der Netzstruktur und Umstellung bestehender Netze auf erneuerbare Energien gelingen kann. Mit Fertigstellung der Wärmeplanung soll dann ein Zeitplan stehen, wie die Wärmeversorgung für die kommenden Jahre entwickelt bzw. verändert wird. Auch die Kosten sollen abgeschätzt werden.



GLOSSAR

Gas- und Dampfturbinen-Heizkraftwerk (GuD-HKW):
In Gas- und Dampfturbinen-Heizkraftwerken wird der Energieträger Erdgas zweifach genutzt. Dies führt zu einem höheren Wirkungsgrad als beispielsweise bei Kohle- oder Gaskraftwerken zur reinen Stromproduktion. Die Energie der Verbrennungsabgase wird zuerst in einer Gasturbine zur Stromerzeugung genutzt. Die heißen Abgase dieser Turbine werden zur Dampferzeugung eingesetzt. Der produzierte Dampf wird in einer Dampfturbine zur Stromerzeugung über einen Generator genutzt. Anschließend wird die verbleibende Wärme noch für die Fernwärmeversorgung genutzt.

Das GuD-HKW der Neubrandenburger Stadtwerke wurde 1997 in Betrieb genommen.
Technische Daten: thermisch Leistung 90 MW, elektrisch Leistung 77 MW

Teillastverhalten:
Ein optimiertes Teillastverhalten bezeichnet eine wirtschaftliche Fahrweise der Anlage in allen Leistungsstufen, vor allem im minimalen Lastbereich.

Kurzzeitwärmespeicher:
Mit einem Kurzfrist- beziehungsweise Kurzzeitspeicher lässt sich Wärme zwischen stunden- bis tageweise speichern. Dabei handelt es sich in der Regel um große Wassertanks.

Power-to-Heat:
Unter energetischer Sektorenkopplung versteht man die Verbindung der Strom-, Wärme- und Gasnetze sowie des Mobilitätssektors. Mittels Power-to-X-Technologien kann Strom in die anderen Sektoren übertragen werden. Dadurch werden Synergieeffekte zwischen den Sektoren genutzt. Bei Power-to-Heat wird überschüssiger Strom in Wärme umgewandelt.

Aquiferspeicher:
Aquifer sind wasserführende Schichten im Untergrund, in denen das darin enthaltene Wasser nicht oder kaum fließt, die Wärme also nicht abtransportiert werden kann. Sie werden durch Bohrungen erschlossen. Als Speicher genutzt, heizt von der Oberfläche her eingeleitete (überschüssige) Wärme das Wasser auf. Da Gestein Wärme schlecht leitet, wirkt es wie eine Isolation. Die eingespeicherte Wärme kann dann nach Bedarf (z. B. im Winter) wieder gefördert werden.

Geothermie:
Geothermie ist das Verfahren zur Nutzung von thermischer Energie (Erdwärme) zur Stromgewinnung und Wärmeerzeugung. Dabei wird der Wärmestrom aus dem Erdinneren nutzbar gemacht. In Verbindung mit Wärmepumpen wird Erdwärme zum Heizen und Kühlen von Gebäuden sowie zur Warmwasserbereitung, also Wärmepumpenheizung, eingesetzt.

Energiewende:
Als Energiewende wird der Übergang von der nicht-nachhaltigen Nutzung von fossilen Energieträgern sowie der Kernenergie zu einer nachhaltigen Energieversorgung mittels erneuerbarer Energien bezeichnet.