Die Neubrandenburger Stadtwerke werden in den kommenden Jahren massiv in die Umgestaltung der Fernwärmeversorgung investieren – langfristig weg von der Abhängigkeit vom Erdgas, hin zu einer nachhaltig „grünen“ Versorgung der Stadt mit Wärme.



Der Aufsichtsrat der Neubrandenburger Stadtwerke hat am 06.10.2017 den von der Geschäftsführung vorgestellten Wirtschaftsplan für das Jahr 2018 und dem Mittelfristplan für die Jahre 2019-2023 bestätigt und somit den Weg für maßgebliche Investitionen in die Umgestaltung der Wärmeversorgung der Stadt freigegeben.  „Die geplanten Investitionen sind der Grundstein für eine effiziente, umweltverträgliche, preisgünstige und sichere Versorgung der Bürgerinnen und Bürger der Stadt mit Fernwärme. Wir handeln jetzt, damit wir langfristig den Anforderungen der Energiewende und den Erwartungen an uns, als zuverlässiger Versorger der Stadt, gerecht werden können“, sagt die Aufsichtsratsvorsitzende, Dr. Diana Kuhk.

Meilensteine der Planung der Neubrandenburger Stadtwerke sind:
  • Die Modernisierung der Gasturbine 2 des GuD-HKW in 2018 zur weiteren Flexibilisierung der Stromerzeugung und zur Optimierung der Wärmeerzeugung.
  • Der Bau und die Inbetriebnahme (2020) eines Kurzzeitwärmespeichers als zentrales Element der Wärmewende zur Speicherung überschüssiger Wärme beispielsweise aus dem GuD-HKW oder aus erneuerbaren Energien (Solarthermie, Geothermie).
  • Der Umbau des vorhandenen Aquiferspeichers zu einer Geothermieanlage in 2021.
  • Die Planung und Einbindung eigener Solarthermieanlagen in das Wärmenetz sowie die mögliche Einbindung alternativer Wärmeprojekte von Partnern beispielsweise der Wohnungswirtschaft.
Die von der Bundesregierung forcierte Energiewende hat in einem ersten Schritt ihren Fokus auf die Stromversorgung aus erneuerbaren Energien gelegt. Windparks, Solaranlagen, Ökostrom, Elektrofahrzeuge - die meisten Bürgerinnen und Bürger kennen die Schlagworte, wenn es um die Reduzierung von Treibhausgasen und die Neuausrichtung der Stromversorgung geht. Weniger bekannt ist hingegen, dass auch im Bereich Wärmeversorgung ein Umdenken stattfinden muss, um die gesteckten Klimaziele zu erreichen. Die Neubrandenburger Stadtwerke, als lokaler Energieversorger mit eigenem Fernwärmenetz, gestalten die Wärmewende proaktiv. Dafür ist der nun gefällte Aufsichtsratsbeschluss wegweisend.

Das Gas- und Dampfturbinenheizkraftwerk (GuD-HKW) der Neubrandenburger Stadtwerke produziert seit 1997 zuverlässig Strom und Wärme für die Versorgung der Stadt. Mit zunehmenden Anteilen volatiler erneuerbarer Energien am Strommarkt, sind auch die Anforderungen an Energieversorgungsunternehmen in Hinblick auf die daraus resultierenden Schwankungen bei der Stromerzeugung gestiegen. Um den Einsatz der im GuD-HKW vorhandenen Gasturbinen flexibler gestalten zu können (bedarfsgerechtere Produktion in Abhängigkeit von der Einspeisung regenerativer Energien) und weil die Gasturbine 2 kurz vor Ende ihres Lebenszyklus steht, haben die Neubrandenburger Stadtwerke bereits Ende 2016 die Bestellung einer Gasturbine der neusten Generation veranlasst. Die damit einhergehenden Umbauarbeiten am Heizkraftwerk und die Inbetriebnahme sind ab April 2018 geplant. Ziel der Maßnahme ist es, insbesondere in den Sommermonaten die Fahrweise des Heizkraftwerkes weiter zu optimieren, um durch ein besseres Teillastverhalten noch stärker auf die Anforderungen des Strommarktes reagieren zu können und dabei gleichzeitig sehr effizient Wärme zu erzeugen.

Zukünftiges zentrales Element der Umgestaltung der Fernwärmeversorgung soll der für 2020 in Betrieb gehende und aktuell in Planung befindliche Kurzzeitwärmespeicher werden. Dieser Speicher wird den Wärmebedarf der Stadt Neubrandenburg im Sommer für ca. 2 Tage speichern können. Zum Laden des Speichers eignet sich sowohl Wärme des GuD-HKW, als auch Wärme aus erneuerbaren Energien (Solarthermie, Geothermie). Die Anlage kann weiterhin um eine Heizpatrone erweitert werden, welche dann Strom in Wärme umwandeln kann (Power-To-Heat-Technologie). Mit der Planung und Umsetzung des Speichers wurde ein Planungsbüro beauftragt. Die Entwürfe sehen ein ca. 40 m hohes und im Durchmesser ca. 20 m großes Speicherbauwerk in unmittelbarer Nähe des GuD-HKW vor. Das Vorhaben wird durch das KWK-Gesetz gefördert.

Die Modernisierung des Heizkraftwerkes und Errichtung des Kurzzeitwärmespeichers haben zum Ziel, die Fahrweise der Erzeugungsanlagen soweit zu optimieren, dass in den Sommermonaten keine überschüssige Wärme mehr produziert wird und somit die Wirtschaftlichkeit des Fernwärmesystems dauerhaft weiter steigt. Daher wird der Aquiferspeicher, welcher aktuell überschüssige Wärme im Sommer speichert, ab 2021 zurückgebaut und die Bohrungen sollen für die Errichtung einer Geothermieanlage genutzt werden. Das ca. 55 °C warme Tiefenwasser wird dann über Wärmepumpen für das zentrale Fernwärmenetz nutzbar gemacht.

Weiterhin haben die Neubrandenburger Stadtwerke in 2017 Flächen in unmittelbarer Nähe des bestehenden Heizkraftwerkes erworben, welche mittelfristig als Standort für eine eigene Solarthermieanlage dienen sollen. Insbesondere im Sommer soll diese zur kraftwerksunabhängigen Versorgung mit Fernwärme beitragen. Der Kurzzeitwärmespeicher, das optimierte Teillastverhalten des Heizkraftwerkes und die Möglichkeit, weitere erneuerbare Energieprojekte – auch von regionalen Partnern, wie der Wohnungswirtschaft - einbinden zu können, bilden dann den Kern einer grünen und nachhaltigen Versorgung der Stadt mit Wärme. Die Abhängigkeit vom Erdgas wird dadurch schon mittelfristig verringert und die Preisstabilität für die Kunden gesichert.

Die Bestrebungen der Geschäftsführung, des Aufsichtsrates und der Gesellschafterin, die Wärmeversorgung der Stadt Neubrandenburg langfristig, nachhaltig, wirtschaftlich und verbraucherfreundlich sicherzustellen, haben dazu geführt, dass die Neubrandenburger Stadtwerke sich zuletzt intensiv mit Perspektiven und Möglichkeiten der städtischen Wärmeversorgung auseinandergesetzt haben. Die Wärmewende wird nun schrittweise umgesetzt. Die mit dem Aufsichtsratsbeschluss eingeleiteten Maßnahmen werden den Stadtwerken langfristig ermöglichen, alle Perspektiven und Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen, welche sich auch in Hinblick auf das Lebenszyklusende des Heizkraftwerkes um das Jahr 2030 ergeben.

„Wir sind stolz darauf, ein zukunftsweisendes Konzept für die Versorgung der Stadt umzusetzen, welches Planungssicherheit und Zukunftsfähigkeit für neu.sw mit Verbraucherfreundlichkeit und Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt vereint. Wir entkoppeln uns schrittweise von der Abhängigkeit fossiler Energieträger und bauen langfristig auf die nachhaltige Versorgung mit erneuerbaren Energien. Davon werden am Ende alle profitieren, Unternehmen und Verbraucher“, so der Vorsitzende der Geschäftsführung von neu.sw, Ingo Meyer.

Hintergrund:  Das GuD-HKW der Neubrandenburger Stadtwerke wurde 1997 in Betrieb genommen. Technische Daten: thermisch Leistung 90 MW, elektrisch Leistung 77 MW Das Heizkraftwerk versorgt ca. 27.500 Haushalte mit Fernwärme für Heizungen und Warmwasser. Zur Unterstützung bzw. als Redundanz dienen zwei Heizwerke, welche bei Bedarf Wärme für die Fernwärmeversorgung zur Verfügung stellen. Stetige Optimierungen im Betrieb und bei der Fahrweise des GuD-HKW haben zu einer kontinuierlichen Reduzierung überschüssiger, nicht nutzbarer Wärme geführt. Ein wichtiger Bestandteil dabei ist der Aquiferspeicher, welcher die aktuell noch anfallende überschüssige Wärme im Sommer speichert und im Winter zur Versorgung der Bevölkerung beiträgt.

Glossar:

Gas- und Dampfturbinen-Heizkraftwerk (GuD-HKW): In Gas- und Dampfturbinen-Heizkraftwerken wird der Energieträger Erdgas zweifach genutzt. Dies führt zu einem höheren Wirkungsgrad als beispielsweise bei Kohle- oder Gaskraftwerken zur reinen Stromproduktion. Die Energie der Verbrennungsabgase werden zuerst in einer Gasturbine zur Stromerzeugung genutzt. Die heißen Abgase dieser Turbine werden zur Dampferzeugung eingesetzt. Der produzierte Dampf wird in einer Dampfturbine zur Stromerzeugung über einen Generator genutzt. Anschließend wird die verbleibende Wärme noch für die Fernwärmeversorgung genutzt.

Teillastverhalten: Ein optimiertes Teillastverhalten bezeichnet eine wirtschaftliche Fahrweise der Anlage in allen Leistungsstufen, vor allem im minimalen Lastbereich.

Kurzzeitwärmespeicher:Mit einem Kurzfrist- beziehungsweise Kurzzeitspeicher lässt sich Wärme zwischen stunden- bis tageweise speichern. Dabei handelt es sich in der Regel um große Wassertanks.

Power-to-Heat:Unter energetischer Sektorenkopplung versteht man die Verbindung der Strom-, Wärme- und Gasnetze sowie des Mobilitätssektors. Mittels Power-to-X-Technologien kann Strom in die anderen Sektoren übertragen werden. Dadurch werden Synergieeffekte zwischen den Sektoren genutzt. Bei Power-to-Heat wird überschüssiger Strom in Wärme umgewandelt.

Aquiferspeicher: Aquifer sind wasserführende Schichten im Untergrund, in denen das darin enthaltene Wasser nicht oder kaum fließt, die Wärme also nicht abtransportiert werden kann. Sie werden durch Bohrungen erschlossen. Als Speicher genutzt, heizt von der Oberfläche her eingeleitete (überschüssige) Wärme das Wasser auf. Da Gestein Wärme schlecht leitet, wirkt es wie eine Isolation. Die eingespeicherte Wärme kann dann nach Bedarf (z. B. im Winter) wieder gefördert werden.

Geothermie: Geothermie ist das Verfahren zur Nutzung von thermischer Energie (Erdwärme) zur Stromgewinnung und Wärmeerzeugung. Dabei wird der Wärmestrom aus dem Erdinneren nutzbar gemacht. In Verbindung mit Wärmepumpen wird Erdwärme zum Heizen und Kühlen von Gebäuden sowie zur Warmwasserbereitung, also Wärmepumpenheizung, eingesetzt.

Energiewende: Als Energiewende wird der Übergang von der nicht-nachhaltigen Nutzung von fossilen Energieträgern sowie der Kernenergie zu einer nachhaltigen Energieversorgung mittels erneuerbarer Energien bezeichnet.

      
Standort des GuD                                 Grafik des neu.sw Wärmespeichers