Heute Morgen kam es im Neubrandenburger Linienbusverkehr zu einem Streik, der für die Geschäftsführung und einen Großteil der Beschäftigten völlig überraschend kam. In diesem Zusammenhang wurde durch Verdi der Betriebshof der Neubrandenburger Verkehrsbetriebe blockiert. Damit wurden die Busse an der Ausfahrt gehindert. Mitarbeitern wurde das Befahren des Betriebshofes verwehrt. Erst nach Aufforderung durch die Polizei konnten die Mitarbeiter das Betriebsgelände wieder befahren. Busfahrer, die ihren Dienst antreten wollten, wurden daran gehindert. Lediglich einem Busfahrer gelang es, um 4.56 Uhr vom Betriebshof zu fahren. Die anderen Busse konnten erst um 06.30 Uhr den regulären Linienbetrieb wieder aufnehmen. neu.sw bittet alle betroffenen Fahrgäste um Verständnis für die Beeinträchtigungen.

Hintergrund des Warnstreikes waren laut Auskunft von Verdi laufende Tarifverhandlungen. Zwischen der Neubrandenburger Verkehrsbetriebe GmbH und der Gewerkschaft bestand ein mit Wirkung vom 01.04.2009 abgeschlossener Entgelttarifvertrag. Dieser wurde durch Verdi zum 31.12.2009 gekündigt, so dass Tarifverhandlungen aufgenommen wurden.

Bis zum 23.03.2010 gab es insgesamt fünf Verhandlungsrunden, in denen die NVB immer wieder ihr Angebot verbesserte. Seitens Verdi kam es zu keinem Entgegenkommen.

1. Runde, 02.12.2009:

Forderung Verdi: 105,00 € pro Monat für die Entgeltgruppen 19-11, Zeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2010 Angebot NVB: Vorlage eines Angebotes kann erst nach Erstellen eines externen Gutachtens erfolgen

2. Runde, 14.01.2010:

Angebot NVB: 0,4 % Erhöhung des monatlichen Entgeltes über alle Entgeltgruppen (orientiert an der Inflationsrate), Zeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2010 Forderung Verdi: wie in Runde 1

3. Runde, 19.01.2010:

Angebot NVB: 0,5 % Erhöhung des monatlichen Entgeltes über alle Entgeltgruppen für den 01.01.2010 bis 31.12.2010 und zusätzliche Erhöhung des monatlichen Entgeltes für 2011 in Höhe der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Jahresteuerungsrate für das Jahr 2010.
Verdi: wie in Runde 1, Einsicht in das Gutachten wird gefordert

4. Runde, 21.01.2010:

Angebot NVB: wie in Runde 3, Prüfung ob Verdi eine Einsichtnahme in das Gutachten gewährt werden kann Forderung Verdi: wie in Runde 1
Angebot NVB: 0,5 % Erhöhung des monatlichen Entgeltes über alle Entgeltgruppen, Zeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2010 und Erhöhung des monatlichen Entgeltes für 2011 in Höhe von 1 %
Forderung Verdi: wie in Runde 1

5. Runde, voraussichtlich am 24.03.2010

Vergleicht man das neu.sw Angebot mit den aktuellen Tarifabschüssen im öffentlichen Dienst, zahlt der Bund durchschnittlich 1,06% pro Jahr mehr Lohn. Im Mittel der Jahre 2009 bis 2011 würde neu.sw auf der Grundlage des aktuellen Angebotes jährlich durchschnittlich 1,8% mehr Lohn zahlen. (2009 waren es 3,9%). Das Angebot der NVB zur Entgelterhöhung liegt damit über den derzeit in der Tariflandschaft gängigen Abschlüssen. Im Durchschnitt erhält ein Busfahrer bei der NVB inkl. Weihnachts-, Urlaubsgeld und sämtlicher Zuschläge und Zulagen 2.622,00 EUR brutto pro Monat.

Die Durchführung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und somit die Beförderungsleistung für Neubrandenburg erfolgt durch direkte Betrauung der Stadt Neubrandenburg an die Neubrandenburger Verkehrsbetriebe GmbH.

Wenn ein öffentlicher Träger Leistungen direkt vergeben möchte, ist dies an besondere Bedingungen geknüpft. Für diesen Fall hat der Europäische Gerichtshof enge Kriterien aufgestellt: Wenn ein öffentlicher Träger den ÖPNV an eine juristische Person des Privatrechts vergeben will, so muss das Unternehmen den Kriterien eines durchschnittlichen, gut geführten Unternehmens des ÖPNV entsprechen. Hierzu wird jährlich ein unabhängiges Gutachten eines Wirtschaftsprüfungsunternehmens zur Vorlage an die Stadt Neubrandenburg erstellt, in welchem unter anderem auch Aussagen über die maximal möglichen Vergütungen enthalten sind. Daher besteht bei Lohnerhöhungen aufgrund der besonderen Situation der Neubrandenburger Verkehrsbetriebe GmbH nur ein begrenzter Ermessensspielraum. An dieses Gutachten ist die Neubrandenburger Verkehrsbetriebe GmbH gebunden. Das Gutachten darf von der NVB nicht herausgegeben werden, da der Urheber des Gutachtens einer Veröffentlichung widersprochen hat.

Die Vorgehensweise der Gewerkschaft Verdi führte bei Mitarbeitern und Geschäftsführung zu erheblichen Irritationen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Nichtankündigung der Aktion besonders nachteilig für die Fahrgäste war. Die Geschäftsführung hofft, dass die Verhandlungen schnellst möglich mit Erfolg zu Ende geführt werden, damit die Kunden keine weiteren Beeinträchtigungen hinnehmen müssen.